3.6 Wachstumspfad und Stabilität des Gleichgewichts: Rezession vs. Wachstum

Wir schauen uns nun graphisch an, wie sich eine Volkswirtschaft entwickelt, die noch nicht im Gleichgewicht ist. Die graphische Darstellung hat den Vorteil, dass man Existenz, Eindeutigkeit und Stabilität des Gleichgewichtes einfach erkennen kann. Wir gehen dabei in zwei Schritten vor. Zuerst nehmen wir nochmals die ursprüngliche Graphik aus dem vorherigen Abschnitt. Man erkennt leicht, dass es genau ein nichttriviales3 Gleichgewicht gibt.

Wir erinnern uns: Die Gerade (δ + n)k beschreibt die Abnahme des pro-Kopf Kapitalstocks und hat eine konstante Steigung. Die Kurve s f (k) beschreibt die Bruttoinvestitionen und steigt zunächst unendlich steil an, flacht aber immer mehr ab (Inada-Bedingungen und f′′ (k) < 0). Somit muss die Kurve die Gerade "von oben" schneiden und hat im Schnittpunkt eine geringere Steigung als die Gerade. Da die Steigung der Kurve aber immer flacher wird, kann es keinen zweiten Schnittpunkt geben.

Um die Stabilität des Gleichgewichtes zu betrachten, ergänzen wir die ursprüngliche Graphik um die Differenz zwischen den den beiden Kurven, also die Änderung des pro-Kopf Kapitalstocks

k˙ = sf (k) (δ + n)k.

In der unteren Graphik sehen wir deutlich, dass die Nettoinvestitionen pro Kopf positiv sind (grün), wenn der Kapitalstock kleiner als im Gleichgewicht ist. Die Volkswirtschaft wächst also auf das Gleichgewicht zu. Wenn der Kapitalstock aber größer als im Gleichgewicht ist (orange), dann sind die Nettoinvestitionen pro Kopf negativ, der Kapitalstock schrumpft also hin zum Gleichgewicht.

Der Punkt "initiale Kapitalintensität" lässt sich verschieben. Der Pfeil gibt an, wie sich die Kapitalintensität ändert. Es fällt auf, dass die Bewegung von k hin zum Gleichgewicht umso schwächer ausfällt, je näher man dem Gleichgewicht kommt. Das lässt vermuten, dass das Gleichgewicht ein Attraktor ist, d.h. dass das System von alleine zum Gleichgewicht konvergiert.

3Das Gleichgewicht k = 0, in dem die Volkswirtschaft ohne Geräte und Maschinen nichts produziert, wird aus offensichtlichen Gründen nicht weiter betrachtet.


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Prof. Dr. Christian Bauer, Lehrstuhl für monetäre Ökonomik, Universität Trier, D-54296 Trier, E-mail: bauer@uni-trier.de