7.3.2 Zertifikate

Ein weiteres marktbasiertes Instrument zur Internalisierung negativer externer Effekte ist der Einsatz von handelbaren Zertifikaten – oft im Rahmen sogenannter Cap-and-Trade-Systeme. Anders als bei Pigou-Steuern, bei denen der Preis für die Belastung vorgegeben wird, setzt der Staat hier eine Mengenbegrenzung für eine bestimmte schädliche Aktivität, z.B. CO-Ausstoß, und verteilt oder versteigert entsprechende Emissionsrechte (Zertifikate). Diese sind handelbar, sodass ein Marktpreis für die Verschmutzungsrechte entsteht.

Die ökonomische Idee: Unternehmen, die ihre Emissionen kostengünstig senken können, verkaufen ungenutzte Zertifikate an andere, bei denen die Vermeidung teurer ist. Dadurch werden die Emissionen dort reduziert, wo es gesamtwirtschaftlich am günstigsten ist – ein Effizienzvorteil. In der Graphik wird der Einfluss der Zertifikatsmenge durch die lila Angebotskurve veranschaulicht: Ist die Anzahl der Zertifikate knapp bemessen, steigt der Preis, und der Output sinkt – hin zur gesellschaftlich gewünschten Menge.

Ein prominentes Beispiel ist das EU-Emissionshandelssystem (EU ETS), das bereits seit 2005 in der Europäischen Union besteht. Es legt ein jährliches Emissionsbudget für große Industrieanlagen und Kraftwerke fest. Über die Jahre wurde der Zertifikatsrahmen immer weiter verknappt, um das ambitionierte Ziel der Treibhausgasreduktion zu erreichen.

Wichtig: Zertifikatsmärkte sind nur für negative externe Effekte geeignet, also für Fälle, in denen eine Aktivität gesellschaftliche Schäden verursacht. Bei positiven Effekten (z.B. Weiterbildung, Impfungen, nachhaltiger Konsum) wäre ein umgekehrter Zertifikatsmechanismus – also die gezielte Ausgabe von "Bonuszertifikaten" für erwünschtes Verhalten – theoretisch denkbar, in der Praxis jedoch extrem schwer umzusetzen: Die Definition, Zuteilung und Kontrolle solcher „positiven Aktivitäten“ ist weitaus komplexer und birgt hohe Verwaltungs- und Missbrauchsrisiken. Daher bleibt für positive externe Effekte meist nur der Weg über direkte Subventionen oder steuerliche Vorteile.

Zertifikatssysteme bieten also einen mengenbasierten, flexiblen und marktwirtschaftlichen Mechanismus, um Umweltprobleme zu adressieren. Ihr Erfolg hängt entscheidend von einer sinnvollen Gesamtmenge, transparenten Regeln für die Verteilung sowie einem funktionierenden Sekundärmarkt ab.


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Prof. Dr. Christian Bauer, Lehrstuhl für monetäre Ökonomik, Universität Trier, D-54296 Trier, E-mail: bauer@uni-trier.de


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